Anwaltskritik – Ist der FamFG §162 eine Befugnis?

Anwaltskritik – Ist der FamFG §162 eine Befugnis für das Gericht, Parteischreiben in Kindschaftssachen an das Jugendamt zu senden? Beitrag und Video

denn einige haben festgestellt, dass schlechte Kritik keine zahlende Mandantschaft herbeischafft und unzufriedene Mandantschaft zu Kritik führt.

Wir haben uns die „Anhörung“ des Jugendamtes nach FamFG §162 Abs. 1 etwas genauer angesehen, weil das, was dann alle im Gerichtssaal hören oder in einer Stellungnahme lesen bei der bezahlten Rechtspflege für Hilflosigkeit sorgt. Es kommt regelmäßig die Frage auf, wo geschrieben steht, dass das Jugendamt eben keine Gerichtsakten erhalten soll, damit es eine inhaltsvolle Anhörung liefern kann.

Das große Problem für den Nicht-Juristen ist die Denkweise der juristischen Kommentarliteratur zum FamFG die sehr darauf bedacht ist, den Protagonisten möglichst viel zu erlauben und dabei Gerichtsurteile bzw. auf Begründungen zu verweisen. Bitte lösen Sie sich von dieser Denkweise. Fragen Sie andersrum: Wo steht geschrieben, dass ein Gericht die Aktenteile an das Jugendamt ausreichen darf?

Die Datenschutzgrundverordnung hilft uns da weiter: Keine Datenverarbeitung ohne Zweck, keine Datenweitergabe ohne Gesetz, Weitergabe nur zum gleichen Zweck. Kurz: Aufgabe, Zweckbindung und Befugnis. Lesen Sie in Ruhe Artikel 5 und dann Artikel 6.

FamFG §7 Abs. 4 sieht die Mitteilung über die Rechtshängigkeit eines Kindschaftsverfahrens an das Jugendamt vor, eben nur die Rechtshängigkeit, nicht den Antrag. Zweck: Information, dass man sich am Verfahren beteiligen könne, wenn man denn wolle.

Wie kommt man jetzt auf den Gedanken, dass man fortan personenbezogene Daten der besonderen Kategorie aus dem Schutzbereich der Familie an am Verfahren nicht beteiligte (FamFG §7 Abs.6) versenden soll? Welchen Zweck sollen diese Daten haben, die von einem Ort stammen, wo, frei nach Norbert Blüm, „gelogen wird, dass sich die Balken biegen“?

Anders als die Eltern (als Betroffene FamFG §7 Abs 1 und Abs.2 Nr.1) haben alle anderen, auch wenn sie „beteiligt“ sind , nur eine Aufgabe zu erledigen. Diese ist gesetzlich übertragen worden und das Personal ist mit entsprechend notwendigen Befugnissen ausgestattet worden. Damit sind sie mit den Rechten ausgestattet worden, die notwendig sind, ihre Aufgabe zu erledigen, Für das Jugendamt ist das SGB VIII einschlägig, für das Familiengericht die Verfahrensordnung FamFG. Unter Bismarck war das anders. Stritten sich die Eltern (das kam auch damals vor), sprach ein Gemeindevorsteher mit. Wenn also eine Richterin oder ein Richter das Jugendamt zur Mitsprache ermuntert, lebt er / sie wohl diese Zeit in seinem / ihrem Gerichtssaal.

Der Landtag zu Thüringen hat seinen wissenschaftlichen Dienst zu der Frage bemüht, ob der FamFG §162 Abs 1 zur Ausreichung von Gerichtsakten, zur Teilnahme im Gerichtssaal und zu Einlassungen befugt. Wir fanden folgendes Video im Internet, dass viele Fragen beantwortet und weitere Fragen aufwirft, die allerdings weniger juristischer Natur sind:

Damit die geforderte Zweckbindung nicht verloren geht, wird der gebende Stelle der Übermittlungszweck vorgegeben, die empfangene Stelle ist mit einer korrespondierenden Aufgabe und Befugnis versehen. Ist der Zweck beim Sender nicht hinterlegt, darf der Empfänger die Daten trotzdem nur zu einem Zweck verwenden, der in seinem Befugnis- und Aufgabengebiet liegt. Das bedeutet, das jede Information von Gericht an Jugendamt nur zu dem Zweck des SGB VIII §17 Abs. 3 genutzt werden darf. Dafür reicht Name und Anschrift. Gleiches gilt für den Beschluss aus FamFG §162 Abs. 3. Dort wird das Gericht explizit befugt, die Entscheidung – also nicht die Begründung – an das Jugendamt zu übersenden. Die korrespondiere Aufgabe des Jugendamt findet sich in SGB VIII §50 Abs.3, dem Führen des Sorgeregisters.

Beteiligt sich das Jugendamt am Verfahren wird es nicht Rechteinhaber. Es hat nach wie vor die gesetzliche Pflicht gegenüber den Eltern und Kindern, Unterstützung anzubieten und zu erbringen (SGB 2 Abs. 2. Nr. 2). Dazu hat es die Daten zunächst bei den Betroffenen selbst zu erheben. Diese Eigenschaft hat jedoch ein Parteischreiben einer Anwältin nicht. Das bedeutet, das Schreiben bleibt in der Akte, der Denunziant, die Denunziantin, muss beim Jugendamt persönlich vorstellig werden.